EIN AUDIOWALK ÜBER DEN ERSTEN BERLINER TRÜMMERBERG
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Drittel der angefallenen Schuttmenge der in Berlin zerstörten Gebäude zu Trümmerbergen aufgeschüttet. Berlins Relief und Struktur sind stark geprägt von diesen künstlichen Bergen, die als Naherholungsgebiete angelegt wurden und heute als natürliche Erhebungen wahrgenommen werden.
Die Audioarbeit schafft Querverbindungen zwischen dem Mythos Trümmerfrau, der Sehnsucht nach einer heilen Welt im Nachkriegsberlin und den propagandistischen bzw. revisionistischen Darstellungen der deutschen Kolonien. Das wird konkret an der Geschichte des ersten Berliner Trümmerbergs, des Insulaners verhandelt, die exemplarisch für die Geschichten der insgesamt 18 Berliner Trümmerberge steht.
Bei dem Audiowalk 1000 Steine wird das Gesehene auf akustischer Ebene erweitert: Gedichte, die von AnwohnerInnen geschrieben wurden und Originaltöne aus Film und Fernsehen der 50er Jahre, werden mit narrativen Elementen verbunden. Es kommt zu Überlagerungen von Zeitebenen und Orten, wenn die ZuhörerInnen zum Beispiel eine Grabung auf dem Berg oder den Arbeitsablauf der Enttrümmerung verfolgen. Die ZuhörerInnen bewegen sich hierfür mit Hilfe einer Karte in mehreren Stationen, an denen Tracks gespielt werden über den Berg hinauf zur Wilhelm – Foerster Sternwarte.
Ausgangspunkt der Arbeit ist die Ambiguität der Trümmerberge, der Gegensatz zwischen der schweren Geschichte ihrer Substanz und deren Nutzen als Naherholungsgebiete.
Eingegangen wird auf die Auswirkungen, die diese künstlich angelegte Natur auf die BewohnerInnen und die Stadt hat und inwiefern sich die BerlinerInnen die auf Trümmern gebauten Erholungsorte aneigneten. Das Sichtbarmachen der uns umgebenden urbanen Transformationsprozesse steht hierbei im Zentrum. Es wird verhandelt, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und inwiefern ein differenzierteres historisches Verständnis die Grenzen unserer Wahrnehmung erweitern kann. Dabei tun sich Fragen auf nach verklärender Geschichtsschreibung, was eine Gesellschaft erinnert und vergisst und wie mit Zerstörung durch Krieg umgegangen wird.
Dauer: 40 Minuten
Der Audiowalk kann kostenlos auf der Plattform soundcloud nachgehört werden:
Konzept, Buch und Regie Caroline Böttcher
Ton und Schnitt Caroline Böttcher, Doris Schmidt
SprecherInnen Doris Schmidt, Maximilian Feldmann, Paula Sell, Max Flierl
2017 produziert von Caroline Böttcher
Gedichte
Schöneberger Südgelände ( Schön süd Berg) von Marie Hempel, Datum unbekannt (Archiv Tempelhof – Schöneberg)
Gruß an die Marienhöhe von Fritz Hielscher von 1952 (Archiv Tempelhof – Schöneberg)
Der Insulaner verliert die Ruhe nicht, von Günter Neumann, 1950, Tonmaterial des RIAS
Beiträge
Der Augenzeuge, Bunkerbahn am Friedrichshain, 1947 / 55, Progress Filmverleih
Welt im Film August 1946, Bundesarchiv, Transit Filmverleih
Quellen:
Fichtner, Volkmar: Die anthropogen bedingte Umwandlung des Reliefs durch Trümmeraufschüttungen in Berlin ( West) seit 1945. Berlin: SELBSTVERLAG DES GEOGRAPHISCHEN INSTITUTS DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN, 1977
Forßbohm, Ulrike: Kriegs-End-Moränen. Zum Denkmalwert der Trümmerberge in Berlin. Berlin: Graue Reihe des Instituts für Stadt-und Regionalplanung, Technische Universität, Heft 34, 2011
Mit freundlicher Unterstützung durch
Universität der Künste Berlin
Günter Neumann Stiftung
Archiv Tempelhof – Schöneberg
Gefördert durch die Dezentrale Kulturarbeit Tempelhof-Schöneberg
Das Projekt wurde am Institut für Kunst im Kontext an der Universität der Künste Berlin entwickelt.